* 8. Januar 1905
† 9. August 1988
von Markus Bandur
Essay
Die Eigentümlichkeit von Scelsis Œuvre, welche dieses trotz mannigfaltiger äußerlicher Gemeinsamkeiten mit dem Schaffen und theoretischen Denken anderer Komponisten aus dem vielschichtigen Geschehen der neuen Musik heraushebt, resultiert sowohl aus einem spezifischen Herstellungsverfahren als auch aus einem besonderen Umgang mit dem musikalischen Ton und seiner Tonhöhe. Der Wechselwirkung zwischen diesen beiden voneinander unabhängigen Sachverhalten verdankt Scelsis Musik seit den späten 50er-Jahren ihre Ausstrahlung und Singularität, aber auch ihre Problematik.
Nach dem derzeitigen Stand des Wissens sind wohl die meisten der seit den 30er-Jahren unter Scelsis Namen erschienenen Werke mit Tonband aufgezeichnete, von anderen Komponisten wie Viero Tosatti und Sergio Cafaro gegen Honorar transkribierte und mit Hilfe Scelsis – mehr oder weniger – bearbeitete Improvisationen, d.h. musikalische Gestaltungen, die nach einer wie auch immer gearteten meditativen oder reflektierenden Vorbereitungszeit direkt im Kontakt mit dem jeweiligen Instrument hervorgebracht wurden. (Komponierte – d.h. im traditionellen Sinn zuerst auf dem Papier formulierte – Werke entstanden neben solchen, das Resultat eines Improvisationsprozesses fixierenden Stücken nur in der Zeit bis 1948. Dies hat vereinzelt mit zu der Annahme geführt, das Verfahren der transkribierten Improvisation – und damit zahlreiche Klavierwerke aus den 30er- und frühen 40er-Jahren ...